Abgefahren mit den jungen Alten
20.06.2017 · Kantiges Outfit: Der Opel Kadett C, Baujahr 1977, war der ewige Rivale des Golf. Dieses Exemplar hat gerade mal 64000 Kilometer auf dem Zähler. Seine Besitzer Petra Wiese und Sven Fisch fuhren mit ihm zum Sieg der Starmaxx-Rallye.
Mit einem großen Wanderpokal, Siegerkränzen um den Hals und einem Picknickkorb fuhren Autofreak Sven Fisch und seine Freundin Petra Wiese am Sonntagabend als Gewinner der Starmaxx-Rallye von Tübingen zurück nach Stuttgart. Allerdings nicht in ihrem röhrenden Opel Kadett C aus dem Jahr 1977, der mit einem 250-PS-Motor nachgerüstet ist.
Der kam auf einen Anhänger und wurde von einem Wohnwagen, in dem die beiden übernachtet hatten, nach Hause gezogen. „Das Auto hat gerade einmal 64000 Kilometer auf der Uhr“, erklärte Gewinner Fisch. Er habe es sich 1991 gekauft, sei wenig gefahren und habe es danach praktisch 25 Jahre in der Garage stehen gehabt. „Außer dem Motor ist alles original, der Wagen ist in einem top Zustand“, freute sich Fisch. Sonst fährt er gerne Rundstreckenrennen und spielt mit seinen Autos (er hat mehrere, versteht sich) Taxi für krebskranke Kinder. „Die Tübinger Rallye ist genial und vor allem sehr lustig“, sagte Fisch. Es geht nicht darum, wer am schnellsten über die Straßen brettert.
Max Birnbreier organisiert die Ausfahrt von Anfang an, seit zwölf Jahren. „Wir machen keine Zeitkontrollen“, sagte Birnbreier. Punkte gab es derweil unterwegs für kleine Prüfungen. Sie reichten von Glücksspielen wie Würfeln und kleinen Teamprüfungen bis hin zu Fahrten durch einen Slalom-Parcours in Horb, wo vor allem Geschicklichkeit gefragt war. Organisator Birnbreier wählte für die 60 Fahrzeuge, die noch nicht zu den Oldtimern zählen, kleine Straßen aus, die durch schöne Landschaften führten. Viele Teilnehmer kamen aus der näheren Umgebung, einige jedoch auch aus der Schweiz und beispielsweise aus dem Ruhrgebiet. 350 Euro betrug das Startgeld. Jeweils die Beifahrer navigierten mit einem Bordbuch, in dem die Strecken genau aufgelistet waren.
Am Freitagabend ging es erstmals mit einer Nachtfahrt auf die Balinger Alb über 130 Kilometer los. Alle Fahrzeuge starteten im Minutenabstand einzeln am Museum Boxenstopp – in Kolonne fahren war nicht erlaubt. Am Samstag absolvierten die Youngtimer 300 Kilometer durch den Mittleren Schwarzwald. Ein Highlight, berichtete Fisch, war die Mittagspause in der Renchtalhütte in Bad Peterstal-Griesbach mit herrlichem Ausblick. Am Sonntag ging es über kleine Straßen 200 Kilometer über die Schwäbische Alb nach Zwiefalten und Lauterbach und zurück.
„Im Januar und Februar mache ich mich auf die Suche nach Straßen“, erklärte Birnbreier. Seine Kartenskizzen muss er spätestens drei Monate vor der Rallye bei der genehmigenden Stadt Tübingen einreichen. Die fragt dann bei verschiedenen Landratsämtern und Gemeinden nach deren Einverständnis. Baustellen und Umleitungen berücksichtigt Birnbreier kurz vorher noch.
Bis zu einem Alter von rund 30 Jahren werden Fahrzeuge mit Liebhaberpotential als Youngtimer bezeichnet. „Wir wollen vor allem jüngere Leute für Automobile und Ausfahrten begeistern“, sagte der veranstaltende Boxenstop-Chef Rainer Klink. Das gelang, wenn man sich das Teilnehmerfeld beim abschließenden Luftballonstart besah, gut. Einzig der Termin nach Fronleichnam und in den Pfingstferien sei nicht ideal gewesen. „Viele haben ein langes Wochenende verbracht oder waren im Urlaub“, so Klink. Ansonsten hätte er mit 90 Fahrzeugen gerechnet. Dabei waren ein Porsche 944 S2, Mercedes 30 SL24, 190 E und SLK 230, BMW Z3, Mazda MX5 und VW Golf GTI.
Unfälle, berichtet Birnbreier, habe es keine gegeben. Als ein Teilnehmer einen Plattfuß hatte, half ein anderer mit einem Wagenheber aus. Ein Peugeotfahrer, bei dem die Kupplung versagte, wechselte auf ein Reservefahrzeug – er wollte die Rallye unbedingt zu Ende fahren.
„Es waren wieder sensationelle Straßen dabei“, sagte Teilnehmer Ulf Ehninger (50) aus Kirchentellinsfurt. Er hat die Rallye in seinem roten Golf GTI, den er sich mit 19 Jahren gekauft hatte, schon zwei Mal gewonnen. Alleine würde er kaum Ausfahrten unternehmen. „Ich treffe jedes Mal tolle Leute.“
(Quelle: Schwäbisches Tagblatt)